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Ärzte Zeitung, 27.08.1999 Qualitätssicherungsprojekt in Hessen soll Vorbildcharakter auch für andere Bundesländer haben
Kammer will Versorgung von Schlaganfallpatienten optimieren
Von Nicola Siegmund-Schultze

 

Darmstadt. Etwa jeder Dritte der 200 000 Bundesbürger, die jährlich ein Hirnschlag trifft, stirbt an den direkten Folgen, 16 Prozent bleiben dauerhaft pflegebedürftig. Nur circa sechs Prozent werden wieder ganz gesund, die übrigen sind dauerhaft im Alltag beeinträchtigt.

 

Eine rasche und richtige Versorgung nach dem Schlaganfall könne die Sterblichkeit um etwa ein Drittel senken, schätzt die Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe in Gütersloh. Auch die Rate derer, die nach einem Hirninfarkt schwer behindert blieben, lasse sich auf diese Weise senken. Ein Schritt auf dem Weg zur besseren Versorgung sind die Stroke units. 30 gibt es in Deutschland, im September wird eine weitere hinzukommen: an den Städtischen Kliniken im hessischen Darmstadt.

 

Erfolgskontrolle wichtiger Bestandteil der Arbeit Erfüllen die Stroke units die Erwartungen, die in sie gesetzt werden? "Eine Erfolgskontrolle für jeden Schlaganfallpatienten, die wenigstens einen Zeitraum von sechs Monaten nach der Akutbehandlung umfaßt, ist für uns ein wichtiger Bestandteil der Arbeit", sagt Professor Detlef Claus, Direktor der Klinik für Neurologie an dem städtischen Krankenhaus und Leiter der neuen Spezialeinheit in Darmstadt. "Wir werden an einem hessenweiten Qualitätssicherungsprojekt teilnehmen, welches Vorbildcharakter sicher auch für andere Bundesländer haben wird."

 

Stroke units verpflichtet, am Projekt teilzunehmen Erfaßt werden zum Beispiel die Zeit zwischen dem Auftreten erster Symptome bis zur Aufnahme in der Klinik, Diagnose, therapeutische Maßnahmen, Liegezeiten und Behandlungserfolge. Alle sieben Stroke units in Hessen sind vertraglich verpflichtet, an dem Projekt teilzunehmen. Sie müssen - und auch das ist Teil der Qualitätssicherung - bestimmte diagnostische und therapeutische Leistungen erbringen können.

Das Qualitätssicherungsprojekt mit Geschäftsstelle in Eschborn bei Frankfurt wird derzeit von der GKV finanziert. "Wenn sich private Krankenkassen an dem Projekt beteiligen wollten, wären wir offen dafür", so der Leiter der Geschäftsstelle Dr. Christof Kugler, bei dem die Fäden zusammenlaufen.

 

Die Initiative, Leitlinien für die Versorgung von Schlaganfallpatienten zu definieren, den Versorgungsbedarf zu ermitteln und so die Basis für das Qualittätssicherungsprojekt zu schaffen, hat die Landesärztekammer Hessen vor fünf Jahren ergriffen. "Wir hatten Grund zu der Annahme, daß die medizinische Versorgung von Menschen mit Hirninfarkt große Defizite aufweist und lange nicht den Stand hat, wie er bei der Versorgung von Herzinfarktpatienten erreicht worden ist", so Dr. Michael Popovic, Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführender Arzt der Landesärztekammer Hessen im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". "Deshalb haben wir 1994 eine Arbeitsgruppe aus leitenden Neurologen, Neurochirurgen und -radiologen sowie Internisten und Kardiologen gebildet, die 1995 Leitlinien erarbeitet und veröffentlicht hat. Jetzt liegt gerade ein Entwurf weiterentwickelter Empfehlungen der Landesärztekammer Hessen vor, wie die Primärversorgung von Schlaganfall-Patienten flächendekkend organisiert werden sollte, und zwar unter Berücksichtigung ländlicher Regionen, in denen Menschen keinen raschen Zugang zu spezialisierten Zentren haben", so Popovic.

 

Schon erste Erhebungen vor drei Jahren ergaben, daß die Sorgen der Ärzte berechtigt sind. Der Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnis wird im Umgang mit Hirninfarktpatienten selten erreicht. "80 Prozent der Schlaganfallpatienten werden nicht so versorgt, wie es sein sollte", resümiert Popovic. Ein ernüchterndes Ergebnis, welches sowohl die Prähospitalphase wie die stationären Untersuchungen und Therapien betrifft.

 

So hat Dr. Jürgen Klotz, Leitender Oberarzt an der Klinik für sicherungsprojektes Schlaganfall zur Prähospitalphase von 3557 Kranken analysiert. Sie waren zwischen Januar 1996 und April 1998 in 22 hessische Kliniken eingeliefert worden. Nur 18 Prozent erreichten innerhalb von drei Stunden nach dem Ereignis ein Krankenhaus und 41 Prozent innerhalb von sechs Stunden.

 

Fast sechzig Prozent der vom Hirnschlag Getroffenen kam also so spät in eine Klinik, daß sich neuere Behandlungsformen wie die Lysetherapie nicht mehr wirksam einsetzen ließen. Aber auch Personal und Geräte für eine qualifizierte Diagnostik wie ein Computertomograph stehen nicht immer zur Verfügung. Den neuen Empfehlungen der hessischen Landesärztekammer zufolge sollte bei Verdacht auf einen Schlaganfall möglichst innerhalb von zwei Stunden nach Beginn der Symptomatik eine craniale Computertomographie mit dem Ziel einer frühestmöglichen Therapieeinleitung gemacht werden. Nach interdisziplinärer Beratung, auch unter Nutzung geschützter "Datenautobahnen" von Klinik zu Klinik, sollte dann eine angemessene Behandlung eingeleitet werden.

 

Versorgungsmanagement muß etabliert werden Mit Hilfe moderner Telekommunikation ließen sich ein interaktives Versorgungsmanagement aufbauen und auch Lücken außerhalb der Ballungszentren schließen, so Popovic. "Unsere Aufgabe als Ärzte ist es zu sagen, was medizinisch notwendig ist und worauf der Patient einen Anspruch hat. Die Krankenkassen müssen das medizinisch Notwendige finanzieren und Landespolitiker mit dafür sorgen, daß entsprechende Strukturen entstehen. Wird eine Unterversorgung toleriert, kann das auch rechtliche Folgen haben."

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